Imperfekte GV-Verbindungen

Einfluss von fertigungs- und montagebedingten Imperfektionen auf das Tragverhalten geschraubter gleitfester Verbindungen im Stahlbau

Geschraubte gleitfeste Verbindungen werden traditionell im Stahl- und Anlagenbau immer dann eingesetzt, wenn Schlupf und Verformung in den geschraubten Anschlüssen minimiert werden müssen. Die derzeitige Prüfprozedur der DIN EN 1090 2, Anhang G ist auf das grundlegende Tragverhalten unter Laborbedingungen beschränkt. Seitens der Industrie treten wiederkehrend Fragestellungen auf, inwieweit fertigungs-, montage- und betriebsbedingte Einflüsse bei der Ausführung von gleitfesten Verbindungen zu berücksichtigen sind, da diese die Wirtschaftlichkeit dieser Verbindungsform beeinträchtigen.

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Problemstellung

Die Bemessung gleitfester Verbindungen, deren Ausführung sowie die Ermittlung der für diese Art von Verbindung maßgebenden mechanischen Kenngröße, die Haftreibungszahl m, erfolgen nach DIN EN 1993-1-8. Die Ausführung erfolgt nach der für Stahlbauten zugehörigen Ausführungsnorm, der DIN EN 1090-2. Die Haftreibungszahl ist im Wesentlichen von der vorliegenden Oberflächenbeschaffenheit der gepaarten Reiboberflächen sowie von der Vorspannkraft in den Schrauben abhängig. Für einige wenige definierte Oberflächenzustände sind in DIN EN 1090-2 bereits Haftreibungszahlen festgelegt, die z. B. für eine Alkalisilikat-Zinkstaub-Beschichtung (ASI) sowie eine spritzverzinkte Beschichtung mit der Gleitflächenklasse B eine Haftreibungszahl von 0,4 vorsieht. Sowohl die derzeitige Prüfprozedur der DIN EN 1090-2, Anhang G als auch die aktuell laufenden Untersuchungen sind auf das grundlegende Tragverhalten gleitfester Verbindungen unter Laborbedingungen beschränkt. Der Einfluss fertigungs- und montagebedingter Imperfektionen ist nicht Untersuchungsgegenstand bzw. wird in DIN EN 1090-2, Anhang G nicht behandelt. Damit sind praxisübliche Effekte derzeit nicht nachvollziehbar berücksichtigt, zumal die Ausführungsregeln der DIN EN 1090-2 hierzu unzureichend sind. Seitens der Industrie treten wiederkehrend Fragestellungen auf, inwieweit fertigungs-, montage- und betriebsbedingte Einflüsse bei der Ausführung von gleitfesten Verbindungen zu berücksichtigen sind, da diese insbesondere die Wirtschaftlichkeit dieser Verbindungsform erheblich beeinträchtigen.

Zielstellung

Ziel des Forschungsvorhabens ist die Erfassung des Einflusses fertigungs- und montagebedingter Imperfektionen sowie betriebsbedingter Einflüsse auf das Tragverhalten gleitfester Schraubverbindungen im Stahlbau, um auf der einen Seite die Tragfähigkeit und damit die Tragsicherheit von GV-Verbindungen über ihre Lebensdauer sicher gewährleisten und auf der anderen Seite unnötige Reparaturen und Kosten vermeiden zu können. Derzeit erfolgt die Ermittlung von Haftreibungszahlen nach DIN EN 1090-2 unter Laborbedingungen, bei denen praxisübliche Effekte nicht berücksichtigt werden. Diese Lücke soll mit den vorliegenden Untersuchungen geschlossen werden. Dazu werden zunächst Referenzversuche ohne eingebrachte Imperfektionen durchgeführt, um einen Ausgangswert zu bestimmen. Anschließend werden künstliche Imperfektionen, in Form von konstruktiven (Kantenversatz, Futterbleche), witterungsbedingten (Feuchtigkeit, Vereisung, Temperaturschwankungen), logistischen (Transportschäden, Alterung von Beschichtungen) und fertigungsbedingten Einflüssen (Schichtdickenschwankungen) sowie der Montage (verschiedene Anziehverfahren) in die Verbindung eingebracht. Ergänzend dazu werden begleitende numerische Parameterstudien zum Einfluss des Blechdickensprungs, der Anziehreihenfolge sowie des Futterblechs durchgeführt.

Nutzen

Die seitens der Industrie vorherrschende Unsicherheit bei der Ausführung gleitfester Verbindungen im Hinblick auf fertigungs-, montage- und betriebsbedingter Einflüsse auf die Tragsicherheit der Verbindung führt insbesondere zu einem Mehraufwand während Fertigung und Montage. Nicht selten werden erhöhte Anforderungen in Bezug auf Schichtdicken mit geringen Toleranzen, die Beurteilung von Transport- und Lagerschäden oder zeitlich sehr begrenzte Montagefenster aufgrund der Witterung gestellt. Alle genannten Einflüsse resultieren in einer Erhöhung der Produktionskosten und somit in einer verringerten Wettbewerbsfähigkeit einer gleitfesten Verbindung bzw. übergeordneten Tragstruktur wie beispielsweise Turmkonstruktionen von Windenergieanlagen. Das Forschungsvorhaben soll umfassende Kenntnisse zum Einfluss fertigungs- und montagebedingter Imperfektionen sowie von Betriebsbedingungen auf die Tragsicherheit einer gleitfesten Verbindung liefern und somit zu einer Verringerung der Produktionskosten und der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Stahlbauweise beitragen.

Projektpartner

  • Universität Duisburg Essen – Institut für Metall- und Leichtbau
  • Institut für Korrosionsschutz Dresden GmbH
  • August Friedberg GmbH
  • Behmer Oberflächentechnik GmbH & Co. KG
  • BT Bautechnik GmbH
  • Conferdo GmbH & Co. KG
  • Donges Steeltec GmbH
  • FUCHS Schraubenwerk GmbH
  • GEHOLIT+Wiemer Lack- und Kunsstoff-Chemie GmbH
  • Grillo-Werke AG
  • HYTORC Seis GmbH
  • ibvm Verbindungen im Metallbau
  • International Farbenwerke GmbH
  • mageba GmbH
  • Maurer AG
  • Nordex Energy GmbH
  • P.E. Concepts GmbH
  • Schreiber GmbH Brücken-Dehntechnik
  • Windrad Engineering GmbH
  • bauforumsthal e.V.
  • FOSTA – Forschungsvereinigung Stahlanwendung e.V.
  • Institut Feuerverzinken GmbH

Förderhinweise

Das IGF-Vorhaben „Einfluss von fertigungs- und montagebedingten Imperfektionen auf das Tragverhalten geschraubter gleitfester Verbindungen im Stahlbau“, IGF-Projekt Nr. 19749 BG, der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (FOSTA), Sohnstraße 65, 40237 Düsseldorf wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.