Simulationsbasierte Optimierung der Logistikprozesse in der Rotorblattfertigung von Windkraftanlagen

Im Bereich der Windenergie herrscht ein stetiger Trend zu immer größeren Anlagen vor. Dies führt dazu, dass auch die Rotorblätter für Windkraftanlagen immer größere Dimensionen annehmen. So beträgt die Länge eines einzelnen Rotorblatts nicht selten mehr als 70 m. Diese Entwicklung führt unweigerlich dazu, dass sich Hersteller solcher Komponenten mit zunehmend anspruchsvolleren Anforderungen und Rahmenbedingungen in Bezug auf die Logistikprozesse konfrontiert sehen. Die Nordex Energy GmbH als ein Vertreter der Branche setzt daher auf ein Simulationssystem, mit dem sich diese Prozesse digital nachbilden und szenariobasiert überprüfen lassen, um so die verfügbaren Optimierungspotenziale im Bereich der Bauteillogistik zu identifizieren und im Anschluss daran zu heben.

© Architekturfotografie Steffen Spitzner
Produktionshalle NORDEX

Problemstellung

Aufgrund der enormen Länge der Bauteile sind beim Handling der Rotorblätter sowie von deren Einzelteilen jeweils zwei Brückenkräne notwendig, was zu einer implizit hohen Kranbelegung führt. Zudem sind die Bauplätze für die einzelnen Bearbeitungsschritte parallel zueinander angeordnet, um ein flächeneffizientes Layout zu gewährleisten. Dies führt jedoch dazu, dass mehrere sich auf gleicher oder ähnlicher Höhe befindliche Bearbeitungsstationen nicht gleichzeitig durch die Logistik bedient werden können. Dadurch wird der Produktionsprozess signifikant ausgebremst, da Bearbeitungsstationen auf Ent- oder Bestückung warten müssen. Damit kann die Leitungsfähigkeit des Produktionssystem nicht ausgeschöpft und das Durchsatzziel nicht erreicht werden.

Zielstellung und Lösungsweg

Übergeordnetes Ziel ist es, die kranbedingten Wartezeiten zu reduzieren und somit den Engpass aufzulösen, der die Performance des gesamten Produktionssystems hemmt. Zu diesem Zwecke wurde ein Simulationsmodell entwickelt, mit dem die Ist-Situation der Fertigungs- und Logistikprozesse realitätsgetreu abgebildet werden können. Anhand der umfangreichen Auswertungsmöglichkeiten innerhalb der Simulation konnten auf der Basis die wesentlichen Störquellen im Produktionsfluss identifiziert werden. Daraufhin wurden in Expertenrunden unterschiedliche potenzielle Maßnahmen zur deren Beseitigung bzw. Abschwächung abgeleitet und wiederum im Simulationsmodell hinsichtlich ihrer Auswirkungen im Vergleich zur Ist-Situation aber auch untereinander bewertet. Zusätzlich konnten diverse Kombinationen unterschiedlicher, zum Teil konkurrierender Maßnahmen hinsichtlich ihres Einflusses auf das Gesamtsystem evaluiert werden.

Nutzen

Im Rahmen dieser iterativ durchgeführten Simulationsläufe konnten mehrere Lösungsansätze identifiziert werden, mit denen sich die Wartezeiten zum Teil signifikant verringern und damit der Durchsatz erhöhen lassen. Entscheidend ist hier, dass sich der Nutzen der Lösungsansätze im digitalen Modell direkt bewerten und validieren lässt, bevor in das reale System eingegriffen wird. So lassen sich eine Vielzahl an Szenarien beleuchten, ohne Gefahr zu laufen, negativ auf die laufende Produktion einzuwirken. Bei den gefundenen Lösungen handelt es sich auf der einen Seite um investitionsneutrale Maßnahmen wie die Reorganisation des Layouts, um einen schlankeren Materialfluss zu gewährleisten. Auf der anderen Seite wurde der Beweis darüber erbracht, dass der Einsatz alternativer Transportsysteme zu der gewünschten Systemleistung führen würde. Daher wurde im Anschluss ein weiteres Projekt angestoßen, in dem durch das Fraunhofer IGP unterschiedliche Transportkonzepte für eine bestimmte Logistikaufgabe erarbeitet und bewertet wurden. Derzeit wird durch die Nordex Energy GmbH die Umsetzung der sich in diesem Rahmen entwickelten Vorzugslösung in die Praxis angestrebt.

 

Projektpartner

  • Nordex SE, Langenhorner Chaussee 600, 22419 Hamburg