Unterwasser-Beschichten

Als Teil der Forschungsgruppe Smart Ocean Technologies beschäftigt sich das Fraunhofer IGP mit Problemstellungen der maritimen Industrie. Das IGP bringt hier im Rahmen des Projektes Unterwasser-Instandhaltung sein Expertenwissen im Bereich des Korrosionsschutzes ein. Beschichtungen bieten maritimen Strukturen einen wirksamen Schutz vor Korrosion. Bereits während des Transports und der Installation der Anlagen, aber auch im Laufe ihrer langen Standzeiten, kann es zu Beschädigungen der Korrosionsschutzbeschichtung kommen. So gilt es, neben ihrer effizienten Applikation auf neuen Strukturen, auch die Instandhaltung bestehender Korrosionsschutzbeschichtungen auf hoher See zu verbessern. Die partielle Reparatur von Beschichtungsschäden im Unterwasser-Bereich wird derzeit durch riskante Tauchereinsätze durchgeführt. Ein zusammen mit dem Fraunhofer IOSB-AST entwickeltes Verfahren zur mechanisierten Applikation von Beschichtungsstoffen als Reparaturverfahren für Beschichtungsschäden wird Instandhaltungsarbeiten zukünftig effizienter und sicherer machen.

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Smart-Repair-Verfahren an Beschichtungsschäden von Monopile einer Offshore-Windenergieanlage (schematisch)
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Mechanisiertes Unterwasser-Beschichten im Versuchsbecken
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Unterwasserfahrzeug mit Applikationstool zum Unterwasser-Beschichten

Problemstellung

Für die Betreiber maritimer Strukturen besitzt die Wirtschaftlichkeit ihrer Anlagen höchsten Stellenwert. Der Offshore-Standort führt jedoch dazu, dass Instandhaltungsarbeiten aufgrund schwerer Zugänglichkeiten und harschen Bedingungen immense Kosten verursachen können. Aus diesem Grund muss bereits bei der Planung offshore-betriebener Strukturen eine Langlebigkeit der Bauteile unter maritimen Einflüssen, wie dynamischen Kräften durch Wellengang, Salz und UV-Strahlung, forciert werden. Besonders Korrosion stellt eine Gefahr für den sicheren Betrieb und die Funktionalität offshore-installierter Anlagen dar. In Planungsphasen ist diese aufgrund zahlreicher Einflussfaktoren nur schwer zu berücksichtigen und durch die Leistungsfähigkeit aktueller Technologien nur limitiert vermeidbar. Die Folge sind kostenintensive Instandhaltungsmaßnahmen und die Forderung der Betreiber nach neuen, smarten Verfahren zur Instandhaltung.

Zielsetzung und Vorgehensweise

Besonders im Bereich Offshore-Wind besitzt der Korrosionsschutz aufgrund der starken Lasten, welche auf die Strukturen wirken, höchste Wichtigkeit für den sicheren Anlagenbetrieb. Die Forschungsgruppe SOT beschäftigt sich daher im Startprojekt Unterwasser-Instandhaltung mit dem Korrosionsschutz maritimer Strukturen durch Beschichtungssysteme, welche mechanisiert durch ein Unterwasserfahrzeug appliziert werden sollen.

Die mechanisierte Unterwasser-Beschichtungsapplikation unterliegt vielen Einflüssen. Besonders entscheiden die regulierbare Bewegungsgeschwindigkeit des Applikators und die Materialzufluss-geschwindigkeit des Beschichtungsstoffes für die Applikation über die resultierende Beschichtungsqualität. Dabei muss der Prozess robust gegen Umgebungseinflüsse, wie Strömung und Temperatur, ausgelegt sein.

Zur Herausstellung der optimalen Prozessparameter für die Beschichtungsapplikation im Freiwasser wurden im Rahmen des Projektes daher folgende Schritte durchgeführt:

1.   Auswahl eines Oberflächenvorbereitungsverfahrens für die Unterwasser-Anwendung

2.  Manuelle Vorversuche zur Herausstellung eines geeigneten Applikationstools

3.  Aufbau eines Versuchsbeckens zur Mechanisierung der Applikationsmethode

4.  Herausstellung geeigneter Prozessparameter im Laborversuch

5.  Validierung der Prozessparameter im Feldversuch

Die mechanisierte Umsetzung der herausgestellten Applikationstechnik wurde im Frühjahr 2022 am Prototyp in der Warnow demonstriert.

Nutzen

Die mechanisierte Unterwasser-Applikationstechnologie ermöglicht eine partielle Instandsetzung von Beschichtungen an bestehenden Offshore-Anlagen und bietet im Vergleich zur manuellen Applikation zahlreiche Vorteile. So kann durch die smarte Nutzung von Unterwasserfahrzeugen auf risikoreiche Tauchereinsätze verzichtet werden, was zu einer Erhöhung der Arbeitssicherheit auf hoher See führt. Zudem unterliegen die Arbeiten einer geringeren Wetterabhängigkeit, was mit einer Reduzierung der Instandhaltungskosten einhergeht. Aufgrund der mechanisierten Applikationsmethode kann zusätzlich eine besonders gleichmäßige und reproduzierbare Beschichtungsqualität erzielt werden, welche die Struktur langfristig vor Korrosion schützt.  Besonders für schweißnahtnahe Bereiche von dynamisch hochbelasteten Strukturen, wie Offshore-Windenergieanalagen, in welchen ein wirksamer Korrosionsschutz grundlegend für den sicheren Anlagenbetrieb über lange Standzeiten ist, kann die mechanisierte Unterwasser-Applikation von Beschichtungsstoffen zukünftig Anwendung finden.

Mit dem mechanisierten Unterwasser-Beschichtungsprozess ist der erste Schritt in Richtung eines Remote-Repair-Verfahrens geschafft. Der große Marktbedarf nach Reparaturlösungen wird die Entwicklungen in den kommenden Jahren zunehmend in Richtung Automatisierung vorantreiben.

Versuchsaufbau: Korrosionsschutz unter Wasser auftragen