Kleine Geschichte des Halterklebens

© Fraunhofer IGP
Abbildung 1: v.l.n.r.: Proben in Salzsprühkammer, Zyklus des Klimawechseltests, Proben in Klimawechselschrank
© Fraunhofer IGP
Abbildung 2: Geklebte Halter auf Offshoreplattform [Quelle: Muehlhan AG]
© Fraunhofer IGP
Abbildung 3: Links: Probenfertigung, rechts: Schrägzugversuche

Motivation

Der international zunehmende Konkurrenzkampf um Schiffbauaufträge erhöht die Anforderungen an Werften und Zulieferfirmen. Es besteht die Forderung nach immer kürzeren Fertigungszeiten des gesamten Schiffes, sowie zur Realisierung kurzfristiger Änderungen und Kundenwünsche in endnahen Bauphasen. Die Forderung nach kurzfristig realisierbaren Änderungen wird durch den Unikatcharakter des in Deutschland vorherrschenden Schiffbaus weiter verstärkt. Das zurzeit schweißtechnisch durchgeführte Haltern der diversen Ausrüstungsgegenstände (z.B. E-Installation, Kästen und Schränke) insbesondere auf Spezialschiffen, die in Deutschland häufig durch KMU ausgerüstete werden, verursacht auf Grund der bereits im Sektionsbau erfolgten Beschichtung, einen hohen Fertigungs-, Vor- und Nachbearbeitungsaufwand.

Zusammenfassung der erzielten Ergebnisse des Forschungsprojektes

Ziel des Forschungsvorhabens war daher die Entwicklung eines klebtechnischen Fügeverfahrens für Halter auf endbeschichteten Schiffs- und Stahloberflächen, welches sauber, wärmearm und reproduzierbar ist. Da auf einer bestehenden Beschichtung geklebt werden sollte, wurde ein zerstörungsfreies Verfahren zum Nachweis der erforderlichen Mindesttragfähigkeiten aller Schichten entwickelt. Außerdem erfolgte für ausgewählte Beschichtungssysteme eine Langzeitqualifizierung geeigneter Klebstoffe. Für einen einfachen Einsatz der Technologie durch KMU, wurde zudem eine Halterfamilie für unterschiedliche Lastfälle und -bereiche entwickelt und in Bauteilversuchen erprobt. Dabei hat sich ein Injektionshalter als die am besten geeignete Variante erwiesen, um ein sauberes und nachbearbeitungsfreies Fügeergebnis zu erzielen, welches zudem die auftretenden Toleranzen des Schiffbaus ausgleichen kann. Die Ergebnisse konnten nach Beendigung des Projektes von KMU im Stahl- und Anlagenbau, der Wind- und Offshore-Industrie sowie dem Schienenfahrzeugbau angewendet werden.

Zulassung der Halterungen in Zusammenarbeit mit einem Projetpartner

Nach Projektende war das Interesse an einer schiffbaulichen Zulassung groß. Solch eine Zulassung ist für gewöhnlich jedoch kein Bestandteil eines Forschungsprojektes. Aus diesem Grund mussten im Anschluss weitere Untersuchungen entsprechend der Vorgaben der Klassifikationsgesellschaften, in diesem Fall Lloyd’s Register und Rina (Registro Italiano Navale), durchgeführt werden. Dazu wurden Kopf- und Scherzugversuche an Halterproben vor und nach unterschiedlichen Alterungen auf verschiedenen Beschichtungen und metallischen Untergründen durchgeführt. Um die Bedingungen auf Schiffen und Offshorebauwerken zu simulieren, mussten die geklebten Halterungen zum einen ein Klimawechseltest für 1000 h und zum anderen eine Auslagerung in einer Salzsprühkammer für ebenfalls 1000 h ertragen (siehe Abb. 1).
In allen Versuchen konnte eine zuvor definierte Mindesthaftfestigkeit von 5 MPa erreicht werden.

Anschließend wurden die geklebten Halterungen in Torsionsversuchen sowie Kriechversuchen untersucht. Ein weiteres Kriterium war das Erreichen einer definierten Schwingspielzahl in einer dynamischen Untersuchung. Nach dem Erreichen aller zuvor definierten Mindestwerte in den unterschiedlichen Versuchen, wurde durch beide Klassifikationsgesellschaften eine Zulassung der Halterungen im Schiff- und Offshorebau erteilt.

Bei einem bereits durchgeführten Referenzprojekt wurden auf einer Konverterplattform in der Nordsee 400 solcher Halterungen von geschultem Personal verklebt (siehe Abb. 2). Sie dienen der Befestigung von Metallrohrleitungen und werden regelmäßige Kontrollen in Form von Sichtprüfungen unterzogen.

Weiterentwicklung der zugelassenen Halter

Derzeit werden die Halterungen weiterentwickelt, um mit Hilfe von zwei kombinierten Haltern Hängematten auf Schiffen zu befestigen. Dazu wurden neben Schrägzugversuchen (siehe Abb. 3) an entsprechenden Halterungen, zerstörende Untersuchungen nach einer definierten Langzeitbelastung durchgeführt.

Förderhinweise

Das IGF-Vorhaben (Nr. IGF 18527 BG) der Forschungsvereinigung Center of Maritime Technologies e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Die zwei nachfolgenden Projekte sind Industrieprojekte in Zusammenarbeit mit der Firma Muehlhan AG.