Verarbeitung und Qualifizierung mittel- und hochmanganhaltiger austenitischer Stähle für die Lagerung kryogener Energieträger

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Makroschliff einer UP-geschweißten Verbindung (mittelmanganhaltigen Stahl 1.4371 mit artähnlichem Zusatzwerkstoff)

Motivation und Zielstellung

Im Rahmen des Pariser Abkommens hat sich die Bundesregierung zur Einhaltung internationaler Klimaschutzziele verpflichtet. Der Plan beinhaltet unter anderem die Reduktion der Treibhausgasemissionen um 55% bis 2030. Die Suche nach alternativen Kraftstoffen ist daher von großer Bedeutung. Eine Möglichkeit ist die Nutzung von verflüssigtem Erdgas (LNG) und Wasserstoff als Treibstoff. Die Lagerung und der Transport von Wasserstoff und LNG erfolgt häufig verflüssigt bei tiefkalten Temperaturen. Hierfür werden in der Regel kaltzähe und hochnickelhaltige Stähle verwendet. Neben der vergleichsweisen geringen Festigkeit hochnickellegierter Austenite, machen die höheren Preise und die Anfälligkeit rohstoffmarktbasierter Preisschwankungen die Werkstoffe für den Einsatz mit hohem Materialbedarf wirtschaftlich unattraktiv. Durch die gesteigerten Anforderungen der Lagerung von flüssigem Wasserstoff an die Tieftemperaturzähigkeit geraten die eingesetzten Werkstoffe an ihre Grenzen. Ein Lösungsansatz bietet hier die Nutzung neuartiger manganhaltiger Stähle. Es existieren jedoch derzeit keine zuverlässigen schweißtechnischen Verarbeitungsanweisungen, um diese Werkstoffe in die breite Anwendung für den wachsenden Markt bei Lagerung/Transport kryogener Rohstoffe zu bringen. Ziel des Forschungsvorhabens ist es daher, Anwendern unabhängig erarbeitete Verarbeitungsrandbedingungen und Legierungen an die Hand zu geben und Empfehlungen zu Verarbeitungsstrategien, zu modifizierten Zusatzwerkstoffen und zu Arbeitssicherheit zu erarbeiten.

Lösung

Um Handlungsempfehlungen zur Verarbeitung der beiden Werkstoffgruppen geben zu können, ist die Ausarbeitung adäquater Schweißstrategien und -prozessfenster sowie die Entwicklung und Erprobung adäquater Schweißzusätze notwendig. Es wird der Einfluss unterschiedlicher Prozessrandbedingungen auf die mechanisch-technologischen Eigenschaften von Schweißnähten bestimmt. Hierzu werden in Abhängigkeit verschiedener Randgrößen (Temperatur und Belastungsgeschwindigkeit) sowie der jeweiligen Konfiguration statische sowie zyklische und schlagartig dynamische Untersuchungen auch unter tiefkalten Bedingungen durchgeführt. Nach Analyse der Eigenschaften werden die als nicht optimal anzusehende Eigenschaften (hier z.B. nicht ausreichende Zähigkeit bei tiefen Temperaturen) der genutzten Schweißdrähte identifiziert und versucht diese Eigenschaften durch eine legierungstechnische Modifikation der Drähte bzw. Schweißzusätze zu verbessern. Neben den Eigenschaften der Verbindung sowie der Schweißtechnologie stehen auch die Reparaturfähigkeit, Automatisierbarkeit und die Arbeitssicherheit der Schweißer bezüglich Schweißrauche im Fokus der Zielsetzung.

Nutzen

Die angestrebten Forschungsergebnisse bieten einer Vielzahl von Unternehmen in unterschiedlichen Branchen und Wirtschaftsbereichen massive ökonomische Vorteile und Zukunftsaussichten, insbesondere in Anbetracht der globalwirtschaftlichen Entwicklungen im Bereich kryogener Tanks und Verfügbarkeit strategischer Rohstoffe. Dadurch kann bei positiven Projektverlauf die gesamte Lieferkette von der Rohstoffbereitstellung bzw. Stahlherstellung bis hin zum Endanwender in die Entwicklungen involviert werden. So profitieren in erster Linie verarbeitende Betriebe, Hersteller und Anwender kryogener Tank- und Lagersysteme einerseits durch günstigere Materialsubstitute (ca. 20-40 %) sowie durch die verbesserten Verarbeitungs- und Automatisierungseigenschaften andererseits. Es wird zudem ein Beitrag zur Normung und Standardisierung und damit zur zügigen Einführung und Verarbeitung der Werkstoffe geleistet. Anwendungsfälle sind bei Lagerung, Nutzung und Transport von flüssigem Wasserstoff und LNG in einer Vielzahl von Branchen, beispielsweise im Schiffbau, Automotive oder LNG-Terminals zu finden.

Projektpartner

  • Technische Universität Clausthal
  • Institut für Schweißtechnik und Trennende Fertigungsverfahren
  • Agricolastraße 2, 38678 Clausthal-Zellerfeld

Förderhinweise

Das IGF-Vorhaben IGF-Nr. 22156 BR / P 1597/38/2021 „Verarbeitung und Qualifizierung mittel- und hochmanganhaltiger austenitischer Stähle für die Lagerung kryogener Energieträger“ der FOSTA – Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V., Düsseldorf, wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Das Vorhaben wird am Fraunhofer IGP durchgeführt. Wir danken den Förderern, der kooperierenden Forschungsstelle sowie den beteiligten Unternehmen.