Berührungslose Temperaturüberwachung zur Qualifizierung des Flammrichtens von Aluminium im Schiffbau

© Fraunhofer IGP
Richten von schweißbedingtem Verzug durch Auftragsschweißen und
© INP Greifswald
Messungen der absoluten Strahlungsintensität einer Azetylen-Sauerstoff-Flamme mittels Infrarot-Spektrometer im Vergleich zu einem durch ohmsche Wärme erhitzten Aluminiumdrahtes
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(a) Versuchsaufbau der Vorversuche zur Bestimmung der Reaktionskräfte beim Flammrichten eines Hohlprofils aus Aluminium; (b) Darstellung der Reaktionskraft und Temperatur über die Versuchszeit

Motivation

Im Bereich des Sonderschiffbaus kommen vermehrt Aluminiumlegierungen für den Bau des Schiffsrumpfs zur Anwendung. Das Richten der gewöhnlich hohen schweißbedingten Verwerfungen bei Aluminiumkonstruktionen ist im Allgemeinem mit hohem Aufwand verbunden, da keine Abschätzung der erforderlichen Temperaturen anhand der Glühfarben erfolgen kann, wie es bei Stahlwerkstoffen der Fall ist. Eine korrekte Abschätzung der Richttemperatur von Aluminiumlegierungen ist allerdings wichtig, da zu hohe Temperaturen leicht zu kritischen Veränderungen der Werkstoffeigenschaften führen können. In der Praxis wird dem häufig damit Rechnung getragen, dass auf das Flammrichten von Aluminiumkonstruktionen aufgrund des hohen Risikos der Materialschädigung gänzlich verzichtet wird und stattdessen alternativ aufwendige Auftragsschweißungen mit anschließendem Abschleifen der Nähte zurückgegriffen wird. Ziel des Forschungsvorhabens ist es eine berührungslose Temperaturüberwachung für konventionelle Richtsysteme zu entwickeln, die den Richtschmied unterstützt, um einen kontrollierten und effektiven Richtprozess von Aluminiumlegierungen zu ermöglichen und somit die Grundlage für eine Qualifizierung des Verfahrens zu schaffen.

Lösungsweg und -voruntersuchungen

Als Lösungsansatz und Arbeitshypothese wird davon ausgegangen, dass die Strahlungsintensität der Azetylen-Sauerstoff-Flamme bei gewissen Wellenlängen transparent gegenüber der Wärmestrahlung des Aluminiumblechs erscheint. Demnach können mittels pyrometrischen Messmethoden Rückschlüsse auf die Blechtemperatur geschlossen werden. Voruntersuchungen am INP anhand der Gegenüberstellung in Abbildung 2 bestätigen die aufgestellte Arbeitshypothese. In der Abbildung sind die Strahlungsintensitäten einer Azetylen-Sauerstoff-Flamme und eines durch ohmsche Wärme erhitzten Aluminiumdrahtes aufgetragen. Für Wellenlängen > 2,2 μm konnten über das Infrarot-Spektrometer höhere Intensitäten im Fall des erhitzten Aluminiumdrahtes ermittelt werden. Eine Differenzierung zwischen der Flammen- und Kontinuumsstrahlung wird so durch eine geeignete Diagnostik möglich und lässt weiterhin eine Rückrechnung auf die Oberflächentemperatur am Messpunkt zu.

Der Teil des Fraunhofer IGP besteht darin, die gemessenen Oberflächentemperaturen mit dem Wärmefeld und den zu erwartenden Richtkräften bzw. -verschiebungen zu korrelieren. Der Versuchsaufbau der dafür durchgeführten Voruntersuchungen ist in Abbildung 3a gezeigt. An einem einseitig durch den Niederhalter eingespannten Aluminiumprofil wurden vier aufeinander folgende Richtprozesse ① - ④ an der mittig markierten Position durchgeführt. Der Temperaturverlauf wurde punktuell mithilfe des Thermoelements auf der Profilinnenseite unterhalb der Richtstelle während des Versuchs aufgenommen. Über den Bolzen am freien Profilende wurden die Reaktionskräfte F über einen Dehnungsmessstreifen erfasst. Die Ergebnisse der Voruntersuchung sind in Abbildung 3b dargestellt und belegen einen direkten Zusammenhang zwischen eingebrachter Wärme (Temperatur) und des entstehenden Verzugs (Reaktionskraft) während des Flammrichtvorganges.

Zielstellung des Projektes ist es einerseits das zu entwickelnde System zur Temperaturüberwachung in eine mobile und autonome Vorrichtung zu implementieren, die an konventionelle Brennersysteme angebracht werden kann und dem Richtschmied als Kontrollsystem dient. Andererseits soll die Richtergebnisse auf Grundlage experimentell ermittelter Modelle an Klein- und schiffbautypischen Großprüfkörpern (Mikropaneele) prognostizierbar gemacht werden, um der Arbeitsvorbereitung sowie dem ausführenden Richtschmied die notwendigen Informationen für eine korrekte und schnell ausgeführte Richtaufgabe zur Verfügung zur stellen. Das geplante Vorhaben ist eine Grundvoraussetzung zur Erhöhung der Reproduzierbarkeit, der Zuverlässigkeit und des Mechanisierungsgrades beim Flammrichten von Aluminium. Dies bietet damit die Möglichkeit zur Qualifizierung des Flammrichtprozesses für Aluminiumlegierungen und erweitert die Geschäftsfelder interessierter klein- und mittelständischer Unternehmen.

Projektpartner

  • Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie e.V. (INP)

Förderhinweise

Das IGF-Vorhaben 22120 BG der Forschungsvereinigung Schiffbau und Meerestechnik e.V. (FSM) wurde über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) e.V. im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) beantragt und wird gemäß eines Letters of Intent des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) voraussichtlich rückwirkend ab dem 01. Januar 2022 gefördert.